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Fazit: Der ästhetisch überaus gelungene Ausstellungskatalog "Passion Leidenschaft" legt ein beredtes Zeugnis ab von dem welterschließenden und -verändernden Einfluss von Emotionen. Dr. Marcel Remme, für Verlagsinfo LWL-Museum für Kunst und Kultur (Hrsg. ), Petra Marx (Hrsg. ) Neid und Wut, Liebe und Hass, Begehren und Eifersucht – die Darstellung herzzerreißender, hochdramatischer, zutiefst beglückender und bis ins Mark erschütternder Figuren und Szenen zieht sich als roter Faden durch die gesamte Kunstgeschichte Europas. Große Gefühle verändern die Welt, beeinflussen unser Denken und Glauben, führen zu Krieg und Widerstand. In Politik und Gesellschaft sind Emotionen aktueller denn je. Passion Leidenschaft - Kunst der großen Gefühle - Ernst von Siemens Kunststiftung. In einer großen Sonderausstellung im LWL-Museum für Kunst und Kultur in Münster und im begleitenden Katalog geben etwa 160 Kunstwerke einen historischen Überblick von den Anfängen in der Antike bis in die heutige Zeit. Versammelt werden Gemälde, Skulpturen, Fotos und Videoinstallationen von Matthias Grünewald, Leonardo da Vinci, Peter Paul Rubens, Camille Claudel, Edvard Munch, Käthe Kollwitz, Bill Viola, Maria Lassnig und vielen mehr.

Passion Leidenschaft - Kunst Der Großen Gefühle - Ernst Von Siemens Kunststiftung

Die Moderne griff dafür Gefühlswelten und Themen wie die Melancholie auf, die sich durch neue Farbigkeit und Linienführung ausdrückte. Heute ist die Kunst differenzierter denn je. Kaum ein gesellschaftliches Thema, das Menschen bewegt und beschäftigt, bleibt unberücksichtigt: Feministische Künstlerinnen wie Martha Rosler oder Ana Mendieta spiegeln Hass, Unterdrückung und Empörung wider. Ihre Fotografien und Videoarbeiten zeigen Trump, der zu Gewalt aufruft, oder eine blutüberströmte Frau, die offenkundig attackiert wurde. Bill Viola mag es dagegen etwas gemächlicher. Seine Faszination für Gesten und Gesichtsausdrücke, die die verschiedensten Geisteszustände und Emotionen offenbaren, zeigt er in virtuosen Slow-Mo-Videos. Seine Installation "The Quintet of the Astonished" (Abb. ) bringt es sinnlich auf den Punkt: Es sind die Emotionen, die uns immer wieder ins Staunen bringen, die faszinieren und uns letztlich miteinander verbinden. Dass dies auch in zunehmend virtuellen Kommunikationsgesellschaften drängendes Motiv bleibt, ist ebenso bezeichnend wie beruhigend.

Am abgrundtiefen Ende der Emotionsskala sehen wir einen Stahlhelmkopf, den der von den Nationalsozialisten gerühmte Herbert Schnürpel nach 1918 schuf. Der Titel "Heiliger Hass" nimmt in den stechenden Augen des Kriegers Gestalt an. Wie universal sind Emotionen? Es würde schon reichen, sich für einen ersten Besuch auf diese Bandbreite der Emotionen einzulassen, aber da kommen noch einige Kapitel und Räume. Im zweiten Kapitel der vielfältigen Schau geht es also zu den Wurzeln der menschlichen Kunst, in die Antike, und dann im Galopp durch die Jahrhunderte. Antike Komödienmasken im Trauergestus sind hier ebenso zu finden wie ekstatische Figuren auf griechischen Vasen. Hier finden wir als Beispiel der ständigen Beschäftigung der Kunst mit den Emotionen auch das eingangs erwähnte mechanische Doppelporträt von Jean Boinard, aber auch Studien des Evolutionsforschers Charles Darwin über den "Ausdruck der Gemüthsbewegungen". Mit Fotos eines jungen Mädchens und eines alten Mannes wollte er die These belegen, dass Emotionen, hier in Bezug auf Lachen und Freude, bei Menschen unterschiedlichen Alters und Geschlechts universal seien.